Wes andersons kinokomödie „der phönizische meisterstreich“: der kapitalist baut mist
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Benicio del Toro spielt in Wes Andersons Komödie einen skrupellosen Tycoon, der beim nächsten großen Ding Vatergefühle und Geschäft vermischt. Auch sonst haben zahlreiche Hollywood-Stars
ihren Auftritt. Die erste Einstellung reicht, um zu wissen: Dies ist der Kosmos des Wes Anderson. Ein symmetrisch kadrierter Blick in eine Retro-Flugzeugkabine eröffnet die Komödie mit dem
rätselhaften Titel „Der Phönizische Meisterstreich“. Darin hockt Unternehmer Zsa-zsa Korda (Benicio del Toro) im feinen Nadelstreif und schmaucht mit wässrigem Blick eine kerzengerade
ausgerichtete Havanna. Ein Industriemagnat des Jahres 1950, wie er im Klischee-Bilderbuch steht, einer der reichsten Europas. Seit dem Ende der Neunziger ist Anderson, der gebürtige Texaner
mit dem europäischen Herzen, nun schon im Filmbusiness unterwegs und einen so markanten, hoch artifiziellen Vintage-Look wie er hat niemand sonst hervorgebracht. Klack, ein Geräusch, bumm,
eine Detonation. Sie reißt ein Loch in die Bordwand und – kleiner Splatter-Effekt, geschmackvoll in der Anderson-typischen Distanz inszeniert – den Oberkörper des Sekretärs weg, der das
Gepäck bewacht. Tycoon Korda stürmt ins Cockpit, sprengt den renitenten Piloten mit dem Schlachtruf des Kapitalisten „Sie sind gefeuert!“ samt Schleudersitz raus und fabriziert eine
Bruchlandung in einem Maisfeld. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit
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Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Es ist der sechste Crash, den der skrupellose Korda, der
Konkurrenten und Regierungen zu seinen Feinden zählt, vor rauchenden Trümmern überlebt – mit einem herausgesprungenen Organ in der Hand. Die slapstickhaft inszenierte Szene bekommt durch
eine integrierte Nahtoderfahrung Kordas noch mehr Gaga-Appeal. Sie führt den Geschäftsmann im Leichenhemd in einen schwarzweiß gehaltenen Himmel, wo er der eigenen Grabrede beiwohnt. Eine
von Anderson erstmals eingesetzte, witzige dramaturgische Idee, die auch Kordas weitere Crashs flankiert und dem „Phönizischen Meisterstreich“ eine hübsch makabere Note verleiht. KOMIK KOMMT
VON COOLNESS Komik kommt von Coolness, möchte man angesichts der in jedem Bild abgebremsten Entwicklung der Exposition sagen, die Wes Andersons Stil auszeichnet. In einer auf die
Anfangsturbulenzen folgenden Plansequenz in Zeitlupe, die die Figur des genussbegabten Machtmenschen Zsa-zsa Korda charakterisiert, wird das sinnfällig. Aus der Vogelperspektive beobachtet
die Kamera das Riesenbadezimmer im Palazzo Korda, in dem fünf Angestellte um den Tycoon herumwuseln, der am Bildrand mit Buch, Rührei, Zigarre und Schampus in der Badewanne Hof hält. Das
grafische Muster der Fliesen liefert das bildbeherrschende Ornament der Macht. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten,
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Aristoteles Onassis, der von Orson Welles ausgedachte Charles Foster Kane – es sind Machtmenschen, Strippenzieher und Macher dieses Schlages, die dem Charakter Zsa-zsa Korda Pate stehen, den
Benicio der Toro entsprechend raumgreifend verkörpert. EIN MACHER WIE DONALD TRUMP? Ein Typus, bei dem man heute unwillkürlich an Donald Trump denkt, der als erfolgreicher Verbrenner
geerbter Millionen weit weniger dem Bild des kühl kalkulierenden Tycoons und strategischen Machers entspricht, als er die Öffentlichkeit glauben machen will – trotz unbestreitbarer
Überlebensqualitäten. Andersons Zsa-zsa Korda als satirischen Kommentar zum US-Präsidenten zu lesen, hieße jedoch, Trump zu viel der Ehre anzutun. Anders als bei seiner letzten Kinokomödie,
der herrlich pastelligen und reichlich zerfaserten Weltraumbegeisterungs-Posse „Asteroid City“ (2023), konzentriert sich „Der Phönizische Meisterstreich“ auf eine Drei-Personen-Geschichte.
Umspielt wird sie in den Nebenrollen von den Anderson-Aficionados aus Hollywoods A-Liga: Tom Hanks, Scarlett Johansson, Bill Murray, Willem Dafoe, Charlotte Gainsbourg, Benedict Cumberbatch.
Weil sich die Anschläge auf sein Leben häufen, beschließt Korda seine Tochter Liesl als Erbin einzusetzen. Sie wird von der charismatischen Newcomerin Mia Threapleton, der Tochter von Kate
Winslet, als auf Menschenrechte pochende Novizin gespielt. „Ich habe sechs Jahre nichts von dir gehört“, bescheidet Liesl ihren Vater, als er ihr sein Imperium überschreiben will. Der
Familiensinn von Korda, der seine neun Söhne außerhalb des Palazzos einquartiert hat, muss sich in den Schlagabtäuschen mit der angehenden Nonne erst noch entwickeln. Als dritter
Mitreisender fungiert der Hauslehrer Bjorn (Michael Cera), ein schrulliger Insektenkundler aus Norwegen, der Liesl hofiert und ein Geheimnis birgt. Um die Finanzierungslücke für sein
gigantisches Infrastrukturprojekt im nahöstlichen Phönizien zu schließen, klappert Korda einen Finanzier, genauer – ein Verbrecherkonsortium – nach dem anderen ab. Ohne rituelles Überreichen
von Handgranaten, Giftkapseln und Schusswechsel geht diese Tour nicht ab. Wer nicht „all in“ gehen mag, sollte in Kordas Hochrisikowelt gleich hinterm warmen Ofen hocken bleiben. Liesl
jedenfalls lernt schnell. Christliche Ethik und Moral hochzuhalten, wird mit einem juwelenbesetzten Rosenkranz am Handgelenk gleich schöner. Doch kann sie den Vater vom Mammon abkehren? Die
Gier hat schon oft die religiösen Gefühle besiegt. Im Abspann der Komödie steht übrigens, dass die Alten Meister, die der kunstsinnige Korda in seinem Palazzo sammelt, echt sind. Aus der
Hamburger Kunsthalle ausgeliehen. Andersons Faible für europäische Kulturschätze erfreut ebenso wie sein Faible für stimmige Ausstattungen und die schon in „Grand Budapest Hotel“ erprobten
Kulissenbaukünste des Studios Babelsberg. Immerhin ein Ami, der Europa liebt.